Der Erfahrungsschatz der Alten birgt auch Tücken: Würde ich heute imkern wie mein Großvater noch vor wenigen Jahren, so wäre der Erfolg zweifelhaft. Neue Herausforderungen, insbesondere das Bienensterben, erfordern neue Methoden. Allerdings hatte mein Großvater dem kühlen Perfektionismus, der heute an manchen Bienenständen herrscht, auch einiges voraus: die Gelassenheit etwa, der Natur ihren Lauf zu lassen.
Es war im Jahr 2009, als ich begriff, dass sich mein greiser Großvater endgültig von der praktischen Arbeit an seinen Bienenvölkern verabschiedet hatte. Er war nun 85 Jahre alt und hielt noch immer fünf Kühe, die er Tag für Tag von Hand molk, er bestellte noch seinen Weinberg und seinen Gemüsegarten. Auch hing sein Herz noch an seinen Bienen, doch es war gebrochen.
Schon mehrere Jahre in Folge hatte ihm der Winter einen großen Teil seiner Völker geraubt – eine Folge von Chemikalien im Saatgut und auch der Varroamilbe, die auf seine rudimentäre Behandlung schon seit Jahren kaum mehr ansprechen wollte. Im Winter 2008 war mit den letzten Bienenvölkern am Stand auf seinem Hof schließlich auch die letzte Hoffnung verschwunden. Übrig blieben lediglich drei Völker im Umland, um die ich mich fortan kümmern sollte.
Ich habe damals gerne geholfen, aber ich war sehr weit weg: Mein Großvater und die drei letzten Völker lebten in Südfrankreich am Fuße der Pyrenäen, ich arbeitete und lebte mit meiner Frau in Berlin. Und doch konnte ich ihn mir ohne Bienen in seiner Nähe einfach nicht vorstellen. Wie oft hatte ich ihn am Ende eines langen Arbeitstages noch an seinem Bienenstand arbeiten sehen, ruhig, konzentriert und gelassen, mehr bei sich als üblicherweise.
Also las ich Bücher über die Imkerei, ich besuchte Kurse und dachte mir eine Methode aus, mit der ich mit möglichst wenigen Eingriffen die verbliebenen Völker meines Großvaters so führen könnte, dass ich die Reise von fast 2000 Kilometern nicht mehr als drei oder vier Mal im Jahr würde auf mich nehmen müssen. Doch dann ist mein Großvater, Maximin Laméré, 2011 verstorben.
Ich habe eine Menge von meinem Großvater gelernt, sowohl aus seiner Erfahrung als auch aus seinen Fehlern.
Dank seiner Fehler weiß ich, wie wichtig es in der Imkerei ist, neue Herausforderungen zu erkennen und sich ihnen zu stellen. Von der Varroabekämpfung und von Wachshygiene habe ich andere Vorstellungen, als er sie hatte.
Ein großes Vorbild aber ist er mir in seiner demütigen Gelassenheit, die er nicht nur seinen Bienen entgegen brachte.
Slow beekeping: Das meiste kann der Bien alleine. Lass es geschehen!